
Ehemaligentreffen in Seeheim mit über 150 Personen.
Aus den 50ger Jahren waren 6 Besucher, 60ger: 22, 70ger: 28,
80ger: 69, 90ger: 14, aktuelle und ehemalige Mitarbeiter/innen: 13
Es war ein bewegtes Treffen, mit vielen gesegneten Begegnungen.
Nächste Treffen sind mögliche Regionaltreffen 2014
das 60-jährige BSK/Bibelschul-Jubiläum vom 2. – 4. Okt. 2015
und wieder ein Treffen in Seeheim 2018.
Es grüßt Euch ganz herzlich
Hans-Conrad Blendermann
FREITAGABEND
Persönlicher Austausch in Gruppen
Hans-Conrad Blendermann hatte uns allen einige Anhaltspunkte zum Austausch und eine klar definierte Zeiteinteilung mit auf den Weg gegeben. Obwohl unser Gesprächsleiter, Rolf Görnandt, erst in letzter Minute eingetroffen war, hat er uns in aller Ruhe und Feinfühligkeit durch die Gespächsrunde geführt.
Wir waren die “jüngste” Gruppe mit 17 Absolventen aus den Jahrgängen um 1990. Es bestand sogleich eine vertraute Atmosphäre, die sich dann auch in einer großen Offenheit und Mitteilbereitschaft deutlich zeigte. Nur zwei “gelbe Karten” waren nötig, um hier und da zu bremsen. Und so begonnen die persönlichen Gespräche gleich nach Beendigung der Austauschrunde und wir freuten uns auf das Vertiefen der Gespräche während des verbleibenden Wochendendes.
Es wurde von Höhen und Tiefen berichtet, von Arbeitswechseln und sogar schweren familiären Problemen. Besonders wenn von Durchhalten, Weitergehen und Gottes erfahrener Hilfe nach harter Zeit die Rede war, dann hat uns das allen viel Mut gemacht.
Ich schrieb mir für jeden Einzelnen kurze Stichpunkte auf, um nicht alles durcheinander zu werfen, besonders bei denen, die ich eigentlich nur vom Sehen her kannte oder deren Name mir von damals noch ein Begriff war. Wie ein roter Faden lief es durch das Erleben eines Jeden, dass Gottes Gegenwart Kraft und Ausdauer schenkt.
Die nächsten Wochen werden für mich geprägt sein von der Erinnerung aneinander und der fantastischen Möglichkeit des Betens füreinander. (Meine Stichpunkte sind dabei eine
super Hilfe!) Gott weiß, wann wir uns das nächste Mal wiedersehen werden und eines Tages sogar mit unendlich viel Zeit und ohne “gelbe und rote Karten”.
Reinhild Sydnor (geb. Gerlach), letzter Absolvierungsjahrgang 1990 in Seeheim
SAMSTAGVORMITTAG
Willi Buchwald, ein Zeuge der ersten Stunde und Klassenkollege von Eberhard Wagner, sprach am Samstagvormittag über seine Wurzeln und Lebenswege. Er hatte seinen Unterricht noch in der Villa in Bensheim begonnen, war dann mit nach Seeheim umgezogen und hatte nach der Absolvierung als Evangelist im Missionswerk Neues Leben gearbeitet. Später war ihm die Gründung eines südamerikanischen Zweiges gelungen und er wirkte im Vorstand der Bibelschule mit. Gott schenke ihm Gesundheit und Kraft, dass er immer noch den Herrn verkündigen darf, sagte er.
Hans-Conrad Blendermann interviewte Amelie Ruschmaritsch, eine “starke Frau”. Mit einem gebrochenen Glas, aus dem buntes Licht strahlte, erzählte sie von schweren Kindheitserfahrungen und Heilung. Luise Kniesz war im Gespräch mit Pfarrer Alfred Schwebel und fragte ihn, wie weit seine Erfahrungen aus der Bibelschule in seinen Dienst hineinwirken. Alfred sagte, er sei dankbar für die Zeit, aber Leben müsse sich immer wieder erneuern und weiterentwickeln. Ein A-Team, bestehend aus Bruno Bischler, Pedro Rodriguez und Jürgen
Grün sorgte für die musikalischen Highlights.
Die Ehemaligen des Jahrgangs 1982-86 wurden für 25 Jahre geehrt. Marjorie Ford und Peggy Bandy waren aus U.S.A. gekommen und Frau Ford hielt eine Andacht unter dem Motto “Stop-Look-Listen”, anschließend sangen alle für sie eine Version des Liedes “Give me gas for my Ford, keep me trucking for the Lord”, nämlich “keep your gas in Marj Ford, keep her rolling”.
Beim Mittagessen toppte es Hildegund noch mit dem Lied vom kleinen Hirtenjungen David. Als alle im Saal “und rum und rum” sangen, war Frau Ford sichtlich gerührt.
Edith Schindler (absolviert 1985)
ICH WAR DABEI….
Immer noch kommt es mir wie ein Traum vor, von dem ich nicht erwachen möchte. Noch nie bin ich so häufig umarmt worden oder wurden mir so viele nette Worte gesagt. Die Vorstellungsgespräche in kleinen Gruppen am Freitagabend haben zur Wiederherstellung von alten Bekanntschaften viel geholfen. Ich hätte gerne an allen Gruppen teilgenommen. Willi Buchwalds Überblick der Geschichte der B.B. hat manche Erinnerungen bei uns “Old Timers” wach gerufen. Schade, dass Eberhard und Gisela Wagner (aus gesundheitlichen Gründen) nicht am Vormittag wie geplant, sondern nur am Nachmittag dabei anwesend waren. Wegen extremen “Jet Lag” bin ich nach Hause gegangen, um eine Stunde zu schlafenund habe sie nicht gesehen.
Für mich, neben so vielen Ehemaligen “meiner” Schüler (Studenten) begrüßen zu können, ist unser Spaziergang und die Besichtigung des “Schlosses” und Grundstückes am Samstagnachmittag der Höhepunkt gewesen. Gottfried Steffens Andacht am alten Hof hat auch mich angesprochen.
Der Gottesdienst am Sonntagmorgen war für mich beeindruckend und kostbar, besonders das Singen der alten Glaubenslieder. Vom ganzen Herzen bedanke ich mich bei allen, die an der Planung und Durchführung des Treffens so viel Zeit und Arbeit gespendet haben. Nicht zur Vergessen die Frauen, die für so viele Leute das Essen zubereitet haben und die “Brüder”, die mit Stühle und Tische aufstellen geholfen haben.
Zum Schluss wiederhole ich Jürgen Grüns Abschiedswort zu mir: “Das nächste Mal, wenn wir uns treffen werden, liebe Marj, wird es im Himmel sein.” Es sei denn, dass ihr mich in Kalifornien besucht, gell … “ Gott allein sei alle Lob und Ehre!”
eure Marjorie Ford
„UND WIE HAT DER HEISSE KAKAO GESCHMECKT?
So wurde ich von einigen Gemeindegliedern aus unserer jetzigen Gemeinde gefragt, nachdem wir von dem Ehemaligentreffen in Seeheim zurückkamen.
Vor dem Ehemaligentreffen gab ich in unserer Gemeinde ein Lebenszeugnis, in dem ich ein Beispiel erzählte: Es handelte von der Haut, die oft bei einer heißen Milch entsteht. Für mich war und ist der Kakao dann ungenießbar. Etwa genauso „giftig“, wie eine nicht vergebene Schuld. So zeigte Gott mir klar, wenn ich diese “Haut vom Kakao“ herunternehme, dann kann ich wieder den leckeren Geschmack des Kakaos schmecken.
So ist es auch, wenn ich Menschen vergebe, die mir den „Geschmack am Leben vergiftet haben“, weil sie mich schwer verwundet haben und sich aus diesem Grunde eine „Haut“ über mein Leben legen konnte. Erst nach einem langen Weg und Prozess der Vergebung, war ich überhaupt erst in der Lage, den „guten Geschmack des Lebens“ schmecken zu können. Das heißt für mich, dass ich mich wieder an die guten Erlebnisse der Bibelschulzeit erinnern konnte.
Nach dem Eintreffen der W.I.R. Zeitung im Mai 2013 bis zum Ehemaligentreffen im September konnte ich noch einmal ganz praktisch vergeben. Obwohl die Wunde wieder schmerzte. Angst und schlimme Träume traten wieder auf und die Frage: Wie sollte ich den Verantwortlichen gegenübertreten, die ihre Macht damals gebrauchten, um über mir und uns als Ehepaar, eine folgenschwere Entscheidung zu fällen? So fuhren wir, Bernd und ich, dann aber doch zum Treffen nach Seeheim. Im Foyer erwarteten uns schon einige liebe Menschen, die wir fast 30 Jahre nicht mehr gesehen hatten. Wir waren auch erwartet worden! Danke für alle Umarmungen! Das hat GUT getan!
Mein Interview mit Hans-Conrad Blendermann war gut vorbereitet. Thema: Verletzungen in meinen Leben und der lange Prozess der Vergebung. So stand ich da vor etwa 150 Ehemaligen der Bibelschule Seeheim. Natürlich gab es auch vor Seeheim ein Leben. Als ich 1979 in Seeheim ankam, war ich innerlich zerrissen, fremdbestimmt und hatte „mich verloren“. Der Beginn meines Lebens begann in der verlassenen Pampa Uruguays, fern von Nachbarn, mit einem Vater, der Soldat gewesen war und einen preußischen Erziehungsstil hatte. Zu absolutem Gehorsam und Schweigen verdonnert, wurde ich gelebt und durfte von Anfang an, meine Heimat und mein Mädchensein nicht annehmen. So lebte ich ein geteiltes Leben und verlor meine Identität. Die ständigen Umzüge: Uruguay, Brasilien, Spanien, Deutschland und wieder zurück nach Uruguay usw. und die Kontrolle der strengen Hierarchie in unserer damaligen Mennoniten Gemeinde, waren für mich die Erfahrung, dass religiöse Männer herrschen dürfen und immer Recht haben. So begleitete mich dieses Denken, dass Männer in den Bereichen Ehe, Familie, Gemeinde und auch später einige Personen in der Bibelschule immer Recht hatten, was sie auch sagten oder entschieden. Das beeinflusste mein Leben sehr stark. So wurde ich ein nettes, lächelndes, freundliches und fleißiges Mädchen, war aber innerlich einsam, verletzt und krank.
Ich erzählte weiter aus meinem Leben in tiefer Ruhe und neu erlernter Gewissheit. Die Lösung meiner WUNDVERSORGUNG war: Ich zeigte den Ehemaligen zur Veranschaulichung ein Glas, dass im heißen Ofen viele Risse bekommen hatte. Aber gerade durch diese vielen Risse und Sprünge leuchtete das Licht in diesem kaputten Glas jetzt umso herrlicher. So erzählte ich, wie man eine chronische Infektion, z. B. im Bauchraum mit einer Infusionstherapie behandelt. Diese Krankheit muss mit täglicher Infusion behandelt werden. Denn nicht behandelte Wunden werden zu chronischen Geschwüren, egal ob körperlich oder seelisch, die dann, wie bei einem seelischen Schlaganfall irgendwann nicht mehr gesagt und wahrgenommen werden können.
So berichtete ich meinen Zuhörern, wie ich Vergebung heute erlebe… Vergebung ist nicht, dass ich nicht sagen darf, was mir passiert ist oder angetan wurde. Vergebung ist, dass ich mich schwer verletzt fühlen darf, wie schmerzhaft diese Wunde war und ist. Vergebung ist auch nicht, den Verursacher, der es getan hat, nicht zur Rechenschaft zu ziehen und Vergebung ist auch nicht einfach vergessen und dann den Mund halten zu müssen! Es ist für mich ein Prozess, wo ich aktiv vergebe und die Heilung langsam verläuft. So lerne ich ganz neu: zu fühlen, zu denken, zu reden und zu handeln. Fühlen und Gefühle äußern war in meiner Lebensbiografie nicht erlaubt. Schläge waren die Sprache, die ich als Kind erleiden musste.
Durch meine Krankheiten Brustkrebs, Metastasen, Burnout und Schlaganfall wusste ich, dass meine schweigende Seele sich einen Weg durch meinen Körper gebahnt hatte und ich begann meine Identität in Gott und in mir ganz neu zu entdecken. So entstand mein ganz persönlicher Weg… egal wo, und mit wem. Nämlich ein Mund zu sein für mich und andere „verstummte“ Menschen. Ich konnte vor den Ehemaligen frei heraussagen, was ich endlich auch fühle: „ Ich bin gewollt, bunt, kann nicht alles, ich bin schön, ich bin nicht mehr falsch, nur anders, aber genauso richtig und wertvoll wie alle Anderen. Ich erkannte in diesen Tagen des Ehemaligentreffens, dass wir uns neu kennengelernt haben. Ganz neu als müde, verbrauchte, erschöpfte, aufgestandene, reife, einfache Menschen, die durch den heißen Schmelzofen von Leid und Schmerzen, uns gegenseitig liebevoll bejahen und annehmen können.
Bernd und ich sind froh, beim Ehemaligentreffen in Seeheim DABEI gewesen zu sein!
Annelie Rempel (geb.Ruschmaritsch), absolviert 1980